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GZ Ludesch

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Das Gebäude mit einer Kubatur von 14.500 m³ und einer Nutzfläche von 3.135 m² besteht aus drei Baukörpern, die U-förmig um einen überdachten Platz herum angeordnet sind. Das Unterge-schoss ist in Massivbauweise errichtet, Erd- und Obergeschoss bestehen aus einer Holzbaukon-struktion in heimischer Weißtanne. Neben den Räumlichkeiten für die Verwaltung und für Vereine werden auch Flächen für den Dienstleistungssektor zur Verfügung gestellt. Dem ca. 600 m großen, zum Dorf hin geöffneten Platz kommt Funktion als Treffpunkt und Kommunikationszentrum zu. Er wird mit 120 transluzenten Photovoltaik-Hochleistungsmodulen überdacht, welche einen Jahresertrag von ca. 15.000 kWh erbringen. Das gesamte Gebäude erreicht den Passivhaus-standard und wird nach den Kriterien des Ökoleitfadens: Bau errichtet.

Am selben Ort wie das jetzige Gemeindehaus, das auf Grund seiner Baustruktur nicht mehr adaptierbar ist, wird ein neues Gemeindezentrum errichtet.

Grundgedanke des neuen Hauses ist die Schaffung einer echten Mitte für Ludesch. Die sehr heterogen strukturierte Gemeinde hat nirgends einen verdichteten alten Kern oder einen gewachsenen Dorfplatz, Kirche, Saal Schule und Gemeindeamt bilden keinen Dorfraum, sondern stehen in loser Beziehung zueinander. So bildet der Neubau durch seine Geometrie eine räumlich dreiseitig geschlossene Klammer um den neuen Dorfplatz.

Dieser wird belebt durch die angelagerten Funktionen wie Geschäfte, Post, Cafe, Gemeindeamt, kleiner Saal, Vereinsräumlichkeiten, Spielgruppe, Wohnungen und Büros. Es entsteht also ein multifunktionelles Haus im Dienst der Gemeinde, ein dörfliches Zentrum mit einem vielfältig nutzbaren Platz, zumal dieser mit transluzenten Photovoltaikelementen überdeckt wird. Der Dorfplatz soll somit zur kommunikativen Mitte des Dorfes werden, zum Treffpunkt, sowie zum Ort vielfältigen Geschehens.

Unsere Dorfstrukturen leiden unter der verstärkten Individualisierung ihrer Bewohner. Umso wichtiger sind solche Aktivitäten, die den Bürgern die Möglichkeit bieten, zwanglos am Dorfgeschehen teilzunehmen. Auch das trägt stark bei zur Forcierung der „kleinen Kreisläufe“, womit sich die e5 Gemeinde Ludesch seit langem auseinandersetzt.

Somit ist es auch naheliegend im Sinne ganzheitlichen Denkens, dass an diesem Ort ein mustergültiges Projekt  als Lehrbeispiel für engagiertes ökologisches Bauen umgesetzt wird. 

 

Interviews mit  R. Wehinger, G. Bertsch, a. Zech

 

Herr Wehinger, die Vorgeschichte des neuen Gemeindezentrums in Ludesch ist eigentlich ein ziemlich lange. Im Jahre 1995 wurde eine Studie von der Universität Innsbruck verfasst, wie hat sich daraus dieses konkrete Projekt ergeben?

In dieser Studie kam heraus, dass es vor allem an Kommunikationseinrichtungen fehlt, dass kein richtiger Dorfplatz vorhanden ist, nachdem Kirche, Blumenegg-Halle, altes Gemeindeamt und Sozialzentrum direkt an der Straße liegen und bisher ein entsprechende Dorfleben kaum möglich war. Mit der Entscheidung für ein neues Gemeindezentrum bildete sich 1997 eine entsprechende Arbeitsgruppe, die im Rahmen einer Bevölkerungsbefragung mit den Erhebungen für ein Raum- und Funktionsprogramm begonnen hat. Im Jahre 2000 wurde unser Büro, das Architekturbüro Hermann Kaufmann, aufgefordert an dieser Entwicklungsstudie mitzuarbeiten, und im Rahmen dieser Studie wurden die damals geäußerten Bedürfnisse in einem erstem Rohkonzept verarbeitet.

Mit welchen Wünschen sind die Interessensgruppen damals an das Projekt heran gegangen? Es ist doch anzunehmen, dass es eine Fülle von Vorstellungen gegeben hat, was alles in diesem Konzept untergebracht werden sollte.

Im alten Gemeindeamt waren die Arbeitsverhältnisse für die Bediensteten sehr beengt, die Vereine waren auf verschiedene Räumlichkeiten, wie Feuerwehr, Blumenegg-Halle usw., aufgeteilt und hatten nirgends ein richtiges Zuhause. So war es ein klarer Wunsch, dass neben den Räumlichkeiten für die Verwaltung sämtliche Vereinsräumlichkeiten hier untergebracht werden sollten und auch das Cafe, das es im alten Gemeindeamt gab, hier wieder eröffnet werden müsse. Auch die öffentliche Bücherei wird von der Schule ins Gemeindezentrum umgesiedelt werden und das künftige Flächenangebot soll auch von verschiedenen Dienstleistungsunternehmen, konkret im Gespräch sind zum Beispiel Räumlichkeiten für Physiotherapie, genutzt werden.

Welche Funktion hat das neue Gemeindezentrum für Sie als Projektleiter im Kontext des traditionellen Ortsgefüges? Mit dem entstehenden Platz soll ja versucht werden, ein neues öffentliches Zentrum zu etablieren.

Unser Ziel war, die Vielfalt an erforderlichen Funktionen in einer dem Dorfcharakter entsprechenden Maßstäblichkeit auszuführen, weshalb das Konzept eine Dreigliedrigkeit des Bauvolumens vorsieht mit dem überdeckten Dorfplatz als kommunikativer Mitte und den infrastrukturellen Einrichtungen rundherum, wodurch das ganze Dorf einen höheren Stellenwert erhalten soll.

War die gewählte Holzbauweise für ein öffentliches Gebäude ein Thema? Gab es Pläne, auch andere Materialien oder eine andere Bauweise für diese Aufgabe zu wählen?

Die Gemeinde ging ursprünglich von einer Mischbauweise aus, es war jedoch von Anfang an ein deklarierter Wunsch, Holz als Baustoff einzusetzen. Allerdings gab es zunächst hinsichtlich der verfügbaren technischen Möglichkeiten in Bezug auf die Nutzungsanforderungen Bedenken. Unser besonderes Anliegen war es, das gesamte Gebäude als reinen Holzbau auszuführen, nachdem wir große Erfahrung im Holzbau haben und ebenso großen Wert auf heimische Wertschöpfung legen. In diversen Gesprächen mit den jeweiligen Fachplanern wurde uns bestätigt, dass es möglich sein müsse, einen reinen Holzbau zu errichten. Für uns als Planer war es wichtig, das Holz ökologisch zu verwenden, das heißt, gänzlich unbehandelt zu lassen. Das führte zu Fassaden in sägerauer Ausführung mit einem konstruktiven Holzschutz, der aus metertief ausladenden Vordächern besteht, und auch die Lamellenstruktur zum überdeckten Platz hin weist nur unbehandelte Oberflächen auf.

Energetisch gesehen handelt es sich beim neuen Gemeindezentrum um ein Passivhaus. War das von vorneherein klar, oder haben diese Anforderungen noch besonderer Tüfteleien bedurft?

Es war klar, dass es möglich sein müsste, ein Passivhaus in dieser Größenordnung zu errichten, es bedurfte jedoch besonderer Anstrengungen auf der technischen Seite, um die Lufttemperatur gegenüber der Außentemperatur um die erforderlichen 6 Grad abzusenken.

Gestalterisch fällt auf, dass an markanten Stellen das Holz Weißtanne verwendet wird. Welche Ziele und praktischen Erfahrungen stecken da dahinter?

Nachdem die Gemeinde Ludesch einen sehr hohen Baumbestand in Weißtanne hat, war es unser Anliegen, sowohl im Fassaden- als auch im Innenbereich Holz aus heimischer Wertschöpfung zu verwenden. Das Belassen der Wände im 1. Stock in sägerauer Ausführung ist sicher ein mutiger, weil ungewohnter Schritt. Ich glaube jedoch nicht, dass es ein wirkliches Problem ist, wohl aber seitens der Bevölkerung einen Lernschritt voraussetzt im Umgang mit unbehandeltem Holz. Unsere Intention war es unter anderem, im Innenbereich nicht Materialien zu vermischen, und was das Nutzerverhalten betrifft werden wohl auch manche Sehgewohnheiten und Perfektionsansprüche im Umgang mit Naturbaustoffen mit der Zeit verändert werden.

Herr Bertsch, Sie sind Experte für bauökologisches Controlling hier im Gemeindezentrum Ludesch. Können Sie uns die Besonderheiten des zur Anwendung gebrachten Be- und Entlüftungssystems und des Heiz- und Kühlsystems erklären? Worin liegen die Vorteile?

Jedes Passivhaus hat ein Belüftungssystem mit Wärmerückgewinnung. Im Sommer werden die Kühllasten über einen Wasserbrunnen, dessen Wassertemperatur bei 7 Grad liegt, abgeführt, was ermöglicht, dass die gekühlte Luft mit etwa 23 Grad in die Räume eingeblasen wird. Im Winter wird derselbe Brunnen für die Vorwärmung der Luft verwendet, die Wärmerückgewinnung bringt die Lufttemperatur dann bereits auf 18 bis 20 Grad und die restliche Wärmeenergie wird über das gemeindeeigene Nahwärmenetz in Form einer Hackschnitzelanlage zugeführt. Mir ist in dieser Größenordnung kein derartiges Gebäude im deutschsprachigen Raum bekannt, denn die meisten ähnlich konzipierten Anlagen werden über Wärmepumpen betrieben.

Ein wesentlicher Punkt in einem ökologisch konzipierten Gebäude betrifft den Umgang mit Schadstoffen. Können Sie uns sagen, wie man den unvermeidlichen Schadstoffanfall zu minimieren versucht hat?

Das Gebäude wird nach dem Öko-Leitfaden „Bau“ des Umweltverbandes Vorarlberg errichtet. Es sind hier extrem strenge Kriterien formuliert. Sämtliche zur Anwendung gelangenden Materialien werden nach ihrem Schadstoffgehalt getestet, z. B. hinsichtlich des Vorhandenseins von PU-Schaum oder schädlicher Leimverbindungen. Das heißt, die Handwerker werden sehr genau dahingehend überprüft, ob sie tatsächlich die schadstofffreien Materialien, die man bestellt hat, auf die Baustelle bringen. Bisher wurden Gebäude hinsichtlich des Vorhandenseins von Schadstoffen meist erst dann überprüft, wenn die Bewohner irgendwelche Beschwerden äußerten. Wir werden hier zwei oder drei Wochen nach Inbetriebnahme des Gebäudes entsprechende Messungen vornehmen und gehen davon aus, dass die Schadstoffbelastung im bisherigen Vergleich wesentlich geringer ausfallen müsste.

Wie kann man im Rahmen des Controlling bei einem Gebäude dieser Größenordung sicherstellen, dass die verwendeten Materialien tatsächlich „sauber“ sind?

Das Projekt ist „Haus-der-Zukunft“ – gefördert. Dort gibt es eine Arbeitsgruppe, die sich mit dieser Art von Materialprüfung auseinander setzt. Die Prüfung erfolgt dahingehend, dass die Artikelbezeichnungen der Materialien, die auf die Baustelle gebracht werden, mit der vorhandenen Prüfliste verglichen werden. Das gesamte Gebäude wird ja PVC-frei gebaut, weshalb diese Prüfung besonders bei Elektrokabeln von Bedeutung ist.

Grundsätzlich gibt es zwei Strategien, die Schadstoffwerte gering zu halten. Zum einen ist es die Auswahl der Materialien, wo darauf geachtet wird, das Lösungsmittel oder Formaldehydanteile nicht oder so gering wie möglich vorhanden sind, zum anderen ist es der Einsatz von Baustoffen, die aktiv Schadstoffe binden können und daher die Luft reinigen. Bei diesem Gebäude wurden zum Beispiel große Mengen an Schafwolle zu Dämmzwecken eingebaut, das ist ein Naturstoff mit der Fähigkeit Lösungsmittel und Formaldehyd zu binden, wodurch die Luftqualität verbessert wird.

Herr Zech, Sie waren maßgeblich an der Entscheidungsfindung zu diesem Gemeindezentrum beteiligt. Welches sind aus Ihrer Sicht ökologisch die wichtigsten Punkte, die bei diesem neuartigen Konzept verfolgt wurden?

Erstens ist das Passivhauskonzept zu nennen, zweitens die Tatsache, dass das Gebäude in Holzbauweise erstellt wird, konkret in heimischer Weißtanne, die von der Agrargemeinschaft Ludesch zur Verfügung gestellt werden konnte. Drittens ist es die Verwendung ökologisch einwandfreier Baustoffe, also Baustoffe mit möglichst geringem Giftstoffanteil. Die Gemeinde Ludesch ist seit 1994 Mitglied beim Klimabündnis und beteiligt sich seit 1998 am Programm e5 für energieeffiziente Gemeinden, sodass es uns ein großes Anliegen war, hier ein beispielhaftes Projekt auf die Füße zu stellen. Wir haben in der Gemeinde ja ein eigenes Förderprojekt für ökologisches und energiesparendes Bauen eingeführt und möchten natürlich im eigenen Wirkungsbereich ein Vorbildprojekt zustande bringen.

Man spricht in diesem Zusammenhang sehr oft von regionaler Wertschöpfung. Können Sie an diesem Beispiel demonstrieren, welcher Anteil durch die Nutzung heimischer Ressourcen der Region selbst unmittelbar zugute kommt?

Hervorzuheben ist, wie bereits erwähnt, die Verwendung des aus der eigenen Gemeinde gewonnenen Weißtannenholzes. Dazu kommt, dass der erste Verarbeitungsschritt, das Sägen, natürlich von einer Vorarlberger Sägerei durchgeführt wurde, was alleine schon einen wesentlichen Teil der Wertschöpfung im Lande gehalten hat.

In diesem Zusammenhang spielt aber auch der innovative Charakter des Projektes eine große Rolle. Die von drei Gebäudeteilen umschlossene Hoffläche von ca. 600 Quadratmetern wird ja mit einem Glasdach überdeckt, welches den Platz beschattet. In diese Dachfläche ist eine transluzent, also lichtdurchlässig, wirkende Photovoltaikanlage integriert, das heißt, die Photovoltaikelemente sind in Glasplatten eingeschweißt und weisen eine Lichtdurchlässigkeit von 10 Prozent auf. Es handelt sich hier um eine technische Neuentwicklung, die saubere Energiegewinnung mit architektonisch/gestalterischen Überlegungen kombiniert. 

Was erwarten Sie sich als Gemeindepolitiker von diesem neuen Zentrum?

Ludesch ist im Wesentlichen ein Straßendorf, die öffentlichen Einrichtungen wie Kirche, Schule und Gemeindeamt sind nicht an einem Platz konzentriert, wodurch keiner dieser Orte bisher eine Zentrumsfunktion entwickeln hat können. Die multifunktionale Nutzung dieses Gemeindezentrums wird also eine Stärkung des öffentlichen Lebens mit sich bringen.

Öffnungszeiten und Konditionen

Dauer:   1 Std

Kontakt

Gemeindeamt Ludesch
Raiffeisenstrasse 56
A-6713 Ludesch
Telefon:   +43 (0)5550/2221-0
Email:   gemeinde@ludesch.at

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